Im aktuellen Gedenkjahr zu 80 Jahren Hiroshima und Nagasaki wollen wir der Opfer und Überlebenden der Atombombenabwürfe und der über 2.000 Atomwaffentests zu gedenken. Gleichzeitig müssen wir jedoch auch über heute diskutieren. Denn weltweit gibt es weiterhin über 12.000 Atomwaffen. Auch in Deutschland, in Rheinland-Pfalz, sind etwa 20 US-Atombomben stationiert. In Zusammenarbeit mit der Friedensakademie Rheinland-Pfalz, Ohne Rüstung Leben, IPPNW Deutschland und CampusKultur der RPTU haben wir zwei Veranstaltungen am 27. und 28. Juni 2025 in Kaiserslautern durchgeführt sowie ein Planspiel für Schüler*innen entwickelt und Studierende für die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema gewonnen.
Atomwaffen und Kunst
Um die Auseinandersetzung mit dem Thema atomare Abrüstung zu vertiefen, wurden Studierende des Bachelorstudiengangs Illustration der SRH Berlin University of Applied Sciences eingeladen, sich aus unterschiedlichen künstlerischen Blickwinkeln mit dem Thema auseinanderzusetzen.
In Anerkennung der Kraft visuellen Erzählens, das sowohl auf intellektueller als auch auf emotionaler Ebene wirkt, erhielten die Studierenden den Auftrag, kurze Comics zum Thema zu entwickeln. Unter der Anleitung ihres Dozenten Niv Shpigel – preisgekrönter Animationsfilmemacher und Illustrator – entstand eine Sammlung vielschichtiger, zum Nachdenken anregender Comics, die zeigen, wie Kunst öffentliche Diskurse bereichern kann. Diese Arbeiten präsentieren wir im Programmheft zu den Veranstaltungen.
Zudem wurde eine Plakatausstellung der Artists Against the Bomb im Foyer des Audimax der RPTU Kaiserslautern ausgestellt. Im Anschluss an die Podiumsdiskussion waren die Teilnehmer*innen eingeladen diese zu betrachten, die Ausstellung wird an diesem zentralen Universitätsort jedoch noch einige Tage länger hängen und Besucher*innen offenstehen.
Planspiel für Schüler*innen
Gemeinsam brachten die Projektpartner*innen zudem das Planspiel „Atomwaffenpolitik“ für Schüler*innen auf den Weg. Das Planspiel simuliert die Arbeit einer Fachkommission, die für die Bundesregierung Empfehlungen zur Zukunft der deutschen Politik mit Blick auf Atomwaffen ausarbeiten soll. Es führt in grundsätzliche Elemente der Problematik rund um Frieden und Sicherheitspolitik (in Deutschland, Europa und weltweit) ein, sowie insbesondere in die Themenbereiche „Atomwaffen“, „nukleare Abschreckung“, „atomare Nichtverbreitung“.
Dabei lernen die Schülerinnen und Schüler sehr unterschiedliche Sichtweisen kennen, die im Kontext der aktuellen Debatte um die Zukunft der Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa eine prominente Rolle spielen.
Das Planspiel wurde im Auftrag der Projektpartner von der Firma „Planpolitik“ aus Berlin entwickelt. Dies geschah in Abstimmung mit dem Landesverband Rheinland-Pfalz der Deutschen Vereinigung für Politische Bildung (DVPB), dem Fachberater Sozialkunde für die Region Pfalz, sowie der „Servicestelle Friedensbildung“ der Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg. Es wird ab dem Schuljahr 2025 / 2026 für den Einsatz an Schulen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg kostenlos zur Verfügung stehen.
Die Veranstaltungen in Kaiserslautern
Freitag, 27.Juni 2025
80 Jahre Atomwaffen: Gedenken an die Opfer und Überlebenden
Bei unserer Gedenkveranstaltung im Japanischen Garten in Kaiserslautern regten die Geschichten von Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki sowie aus verschiedenen Atomwaffentestgebieten die Besucher*innen zum Nachspüren und Nachdenken an.
Dr. Walter-Drop, Geschäftsführer der Friedensakademie Rheinland-Pfalz, eröffnete die Gedenkfeier. Angesichts der aktuellen nuklearen Aufrüstung und Forderungen nach europäischen Atomwaffen erinnerte er eindringlich daran, dass Hiroshima und Nagasaki keine abgeschlossenen Kapitel der Geschichte seien. Zur Erinnerung an die Opfer und Überlebenden trugen dann die Sprecherinnen Aglaja Stadelmann und Isabelle Boslé bewegende Geschichten und Zitate vor – von der damals 13-jährigen Barbara Kent, die dem Trinity-Test in den USA ausgesetzt war, über Zeugnisse von Hibakusha aus Hiroshima und Nagasaki, bis hin zu den Mahnungen von Ena Manuireva aus Ma’ohi Nui. Abschließend bestärkten die Worte der jungen Aktivistin Bedi Racule von den Marshallinseln Teilnehmer*innen darin, für eine atomwaffenfreie Welt einzustehen – zum Wohle der Menschheit.
Zwischen den Geschichten spielte die Taiko-Trommelgruppe TENNOGAWA, so dass das Gehörte nachhallen konnte. Viele Gäste kamen im Anschluss ins Gespräch oder falteten Origami-Kraniche als Zeichen der Hoffnung.
Die Texte der Veranstaltung können hier eingesehen werden.
Samstag, 28.Juni 2025
Podiumsdiskussion: Sicherheit ohne Atomwaffen – (Wie) Kann das gelingen?
Am Samstag widmeten wir uns dann bei einer Podiumsdiskussion der Frage, ob und wie Sicherheit ohne Atomwaffen erreicht werden kann.
Auf dem Panel saßen Dr. Gregor Walter-Drop, Geschäftsführer der Friedensakademie Rheinland-Pfalz, Dr. Sumiko Hatakeyama, Vorstandsmitglied von Peace Boat und Dozentin an der Waseda University und der Rikkyo University, Dr. Steffen Hagemann, Politikwissenschaftler und ehemaliger Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv, sowie Juliane Hauschulz, Vorstandsmitglied von ICAN Deutschland. Moderiert wurde das Panel von Simon Bödecker (Ohne Rüstung Leben).
Die Panelist*innen stellten die Debatte um Atomwaffen in Deutschland, Japan, Nahost und in der internationalen Staatengemeinschaft vor und diskutierten aktuelle Entwicklungen und Debatten.
Dr. Walter-Drop kritisierte die aktuellen Diskussionen um einen europäischen Atomschirm, denn dieser sei realistisch nicht umsetzbar, eine nukleare Teilhabe mit Frankreich sei ebenso politischen Entwicklungen unterworfen wie die aktuelle Teilhabe mit den USA. Wer die Argumentation dahinter, dass Deutschland auf jeden Fall ein zuverlässiges nukleares Abschreckungspotential brauche, ernstnehme, müsste immer bei der Entwicklung deutscher Atomwaffen herauskommen. Diese würden jedoch das nukleare Nichtverbreitungsregime zerreißen und dafür sorgen, dass auch andere Staaten Atomwaffen anstreben könnten. Ein „Horrorszenario“, so Dr.Walter-Drop.
Di. Hatakeyama skizzierte die Situation in Japan: während immer mehr Politiker*innen mit Blick auf China für mehr Rüstungsausgaben und durchaus auch nukleare Abschreckung plädieren, sei eine stabile Mehrheit der japanischen Bevölkerung immer noch gegen Atomwaffen. Dies sei auch lokalen Friedensinitiativen zu verdanken, die die Geschichten der Hibakusha am Leben erhalten und friedensorientierte Bildungsarbeit leisteten.
Juliane Hauschulz weitete den Blick und zeigte auf, dass die Mehrheit der Staaten dieser Welt Atomwaffen ablehnten. 140 Staaten sind Teil einer atomwaffenfreien Zone, 74 Staaten haben den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnet. Diese Staaten begriffen Atomwaffen nicht als Sicherheitsgarantie, sondern als Bedrohung und arbeiten dazu immer stärker zusammen. Sie fordern mehr Engagement der Atomwaffenstaaten und ihrer Verbündeten bei der nuklearen Abrüstung.
Schließlich fasste Dr. Hagemann die aktuellen Entwicklungen rund um den Iran und die Geschichte des Konflikts zusammen und zeigte auf, wie die Bombardierungen durch die USA und Israel geeignet sind, den Status Quo zu kippen. Der völkerrechtswidrige Angriff und die Aussagen, dass das Regime in Teheran sich ändern müsse, könne dazu führen, dass nicht nur der Iran ein Interesse an nuklearer Latenz entwickele, sondern auch weitere Staaten in der Region. Eine Katastrophe für das nukleare Kontrollregime und eine sichere Welt. Auch im Austausch mit dem Publikum waren sich alle einig, dass es wieder mehr Aufklärungsarbeit über die Gefahren von Atomwaffen brauche.
Projektpartner*innen
Das Projekt „Im Schatten des Atompilzes“ wird organisiert und durchgeführt von Campus Kultur an der RPTU, der Friedensakademie Rheinland-Pfalz, ICAN Deutschland, IPPNW Deutschland und Ohne Rüstung Leben.
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |