Quelle: Wahlprogramm Bündnis90/Grünen

Appell an die Bundesdelegiertenkonferenz

Grünes Wahlprogramm braucht konkrete Schritte für die nukleare Abrüstung

Anlässlich der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen am kommenden Wochenende appelliert die ärztliche Friedensorganisation IPPNW und der Friedensnobelpreisträger  ICAN an die Delegierten des Parteitages, der für 2022 geplanten Stationierung der modernisierten B61-12 Atombomben in Deutschland und dem Kauf neuer Atomwaffen-Trägersysteme eine klare Absage zu erteilen.

Zudem sollen in der nächsten Legislaturperiode unwiderrufliche Schritte für den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen und für den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland eingeleitet werden. Die künftige Bundesregierung solle an der für 2022 geplanten ersten Staatenkonferenz zum Atomwaffenverbot teilnehmen.

„Die Forderung nach dem Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag und nach dem Abzug der Atomwaffen aus Büchel sind zwar im Entwurf für das Wahlprogramm der Grünen enthalten, allerdings ohne zeitlichen Rahmen und ohne Angabe konkreter Schritte“, unterstreicht Dr. Inga Blum, Mitglied im Internationalen Vorstand der IPPNW.

„Die Erfahrung der letzten Regierungen haben gezeigt, dass derartig unkonkrete Absichtserklärungen der neuen atomaren Aufrüstungswelle nichts entgegensetzen können. Als Partei, die sich im Widerstand gegen die Nachrüstung der 80er Jahre gegründet hat, müssen die Grünen die ab 2022 geplante atomare Aufrüstung und die Beschaffung neuer atomwaffenfähiger Kampfbomber für um die 8 Milliarden Euro ganz eindeutig ablehnen“, Anne Balzer von ICAN Deutschland.

Die neuen US-amerikanischen B61-12 Atombomben verfügen, im Vergleich zu den derzeit in Büchel stationierten Freifallbomben vom Typ B61-3 und -4, über erweiterte Fähigkeiten: eine lenkbare Heckflosse und verstellbare Sprengkraft. Damit sind die Bomben keine reinen Abschreckungswaffen mehr, sondern Waffen, die nach der US-amerikanischen Nukleardoktrin der „flexiblen Kriegsführung“ dienen. Das wäre die erste atomare Aufrüstung in Deutschland seit dem NATO-Doppelbeschluss 1979.

Nach Ende des INF-Vertrages zur Begrenzung von Mittelstreckenraketen 2019 droht ein neues Wettrüsten in Europa. Fast alle anderen Rüstungskontrollverträge sind ebenfalls ausgelaufen oder erodiert. Durch die vermeintlich erhöhte Präzision der neuen Atomwaffen sinkt die Hemmschwelle für ihren Einsatz und die Gefahr eines Atomkrieges in Europa mit katastrophalen humanitären Folgen steigt.

Derzeit gibt es etwa 13.400 Atomwaffen weltweit. Der absichtliche oder unabsichtliche Einsatz von nur einer einzigen Atombombe über einer großen Stadt könnte über eine Million Menschen töten oder schwer verletzen. ICAN und IPPNW fordern deshalb von den Grünen ein klares Bekenntnis zu ihrem Grundsatzprogramm, indem sie konkrete Schritte für den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag und ein Ende der nuklearen Teilhabe im Wahlprogramm verankern.