Kurz vor dem Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrags hat der Wissenschaftliche Dienst (WD) des Bundestages ein Gutachten zum rechtlichen Verhältnis zwischen Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) und Nichtverbreitungsvertrag (NVV) veröffentlicht, das auch die Diskussion über einen deutschen Beitritt zum AVV voranbringen könnte.
Dabei wird das „Unverträglichkeits-Narrativ“ des AVV mit dem NVV nochmals detailliert geprüft. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die vorgetragenen Argumente gegen den AVV bisweilen auf Unterstellungen und unbelegte Behauptungen aufbauen.
Die Ergebnisse des Gutachtens widersprechen dem Narrativ der AVV-Kritiker*innen, der bislang auch seitens der Bundesregierung vorgebracht wird, in zentralen Punkten deutlich:
„Während vor allem durch AVV-kritische Staatenvertreter sowie durch regierungsnahe Think Tanks und Abrüstungsexperten Zweifel an der rechtlichen Vereinbarkeit von AVV und NVV geäußert und genährt werden, kommt doch der ganz überwiegende Teil der Völkerrechtsliteratur […] zu dem Ergebnis, dass beide Verträge weniger in einem rechtlichen Konkurrenz-, als in einem Komplementärverhältnis zueinander stehen.“
„Der AVV steht juristisch nicht in Widerspruch zum NVV.“
„Der AVV unterminiert den NVV nicht, sondern ist Bestandteil einer gemeinsamen nuklearen Abrüstungsarchitektur. Der AVV ist daher auch kein Hemmnis für die nukleare Abrüstung, hätten die NVV-Staaten nur den politischen Willen dazu.“
„Die derzeitige Staaten- und Ratifikationspraxis deutet nicht darauf hin, dass die Mitgliedschaft im AVV dazu genutzt wird, um das Verifikationsregime des NVV zu schwächen oder zu untergraben.“
Was das Verhältnis zwischen den beiden Verträgen angeht, vermag das Gutachten des WD bei den Kritiker*innen des AVV hoffentlich für etwas Klarheit sorgen. Ob aber die aktuelle Bundesregierung das Gutachten zum Anlass nimmt, ihre Position zum AVV noch in dieser Legislaturperiode grundlegend zu überdenken, ist fraglich, denn leider – so die im Gutachten geäußerte, allgemeine Wahrnehmung – „erweisen sich Narrative oft als langlebig“.