Grafik: ICAN

NATO-Gipfel 2021

Kein Fortschritt für nukleare Abrüstung

NATO-Gipfel 2021

Kein Fortschritt für nukleare Abrüstung

Das Abschlussdokument des diesjährigen NATO-Gipfels bekräftigt die Rolle von Atomwaffen für die Abschreckung und Verteidigung des Bündnisses. Mit dem Treffen wurde erneut die Chance verspielt, auf die Befürworter*innen des Atomwaffenverbotsvertrages (AVV) zuzugehen. 

Die NATO verknüpft den politischen Zusammenhalt des Bündnisses weiterhin mit der Einsatzfähigkeit der Atomwaffen. Im Abschlussdokument wird mit neuer Dringlichkeit auf den Zusammenhang zwischen nuklearer Lastenteilung und politischen Zusammenhalts hingewiesen:  “Das Bündnis bekräftigt die Notwendigkeit, eine möglichst breite Beteiligung der betroffenen Bündnispartner an den vereinbarten Regelungen zur nuklearen Lastenteilung sicherzustellen, um die Einheit und Entschlossenheit des Bündnisses zu demonstrieren.” (Punkt 40).

Der Bekräftigung “effektive Maßnahmen zu ergreifen, um die Bedingungen für weitere nukleare Abrüstungsgespräche zu schaffen” (Punkt 47) fehlen konkrete Beispiele sowie die Anerkennung der Sicherheitsperspektiven außerhalb des Bündnisses. Ein auf nukleare Massenvernichtungswaffen aufbauender Zusammenhalt, ist jedoch keine “sichere Welt für alle” (Punkt 47)! Dafür müssen es ein gemeinsames Verständnis über die Bedrohung durch Atomwaffen geben und stabile, multilaterale Abrüstungsverträge implementiert werden. 

Auch die deutliche Ablehnung des Atomwaffenverbotsvertrags wird bekräftigt. Die NATO deklariert den seit Januar in Kraft getretenen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen als “unvereinbar mit der Abschreckungspolitik der NATO und im Widerspruch mit der bestehenden Nichtweiterverbreitungs- und  Abrüstungsarchitektur” (Punkt 47). Außerdem berge er das Risiko, den NVV zu unterminieren, und “nehme das aktuelle Sicherheitsumfeld nicht in Betracht.” (Punkt 47). Es wird nicht zugegeben, dass die atomwaffenfreien Staaten durch – wie SIPRI beschreibt – Ausbau und Modernisierung der bestehenden Atomwaffenarsenale zunehmend bedroht sind. Mit der Bewertung des AVV wiederholt die NATO ihre ablehnende Haltung gegenüber einer völkerrechtlichen Ächtung von Atomwaffen. Damit vernachlässigt sie, dass die AVV-Mitgliedsstaaten die Vereinbarkeit beider Verträge von Anfang an im Blick hatten und ihr weiterhin bestehendes Bekenntnis zum NVV betonen. [1]

Die NATO-Mitgliedstaaten seien einerseits kollektiv dazu entschlossen, existierende Abrüstungs-, Rüstungskontroll- und Nichtverbreitungsverträge und Verpflichtungen aufrechtzuerhalten und zu stärken (Punkt 45). Andererseits werden die NATO-Partner und auch alle anderen Staaten werden als naiv dargestellt [2], indem sie aufgefordert werden, “realistisch über die Auswirkungen des Verbotsvertrags auf internationalen Frieden und Sicherheit zu reflektieren” (Punkt 47). 

Trotz dieses Abschlussdokuments des NATO-Gipfels, das von den NATO-Mitgliedsstaaten einvernehmlich verabschiedet wurde, gibt es vielfältige nationale Entwicklungen, die dem AVV positiv gegenüberstehen. Der aktuelle ICAN-Bericht “A non-nuclear Alliance – Why NATO members should join the UN Ban on Nuclear Weapons” gibt einen ausführlichen Überblick zu Umfragen, Parlamentsbeschlüssen und Äußerungen einzelner Entscheidungsträger*innen in den NATO-Mitgliedstaaten bzgl. Atomwaffen und dem AVV. Dies zeigt, dass politische Akteur*innen, Parteien und Zivilgesellschaft einen Beitritt zum AVV befürworten und die Ächtung von Atomwaffen nicht so konsequent ablehnen, wie die NATO vermitteln möchte.

Hier ist die Kurzfassung auf Deutsch zu finden.

[1] Zur Vereinbarkeit zwischen des AVV mit dem NVV siehe Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages, WD2-3000-111/20, S. 8 und S.23 f. https://www.bundestag.de/resource/blob/814856/28b27e2d04faabd4a4bc0bfd0579658c/WD-2-111-20-pdf-data.pdf 

[2] Zu dieser Argumentationweise siehe Acheson (2018): Eine feministische Kritik an der Atombombe. verfügbar unter: https://www.boell.de/de/2018/10/17/eine-feministische-kritik-der-atombombe , Zuletzt zugegriffen am 16.06., 16:19 Uhr.