Bild: ICAN
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Offener Brief: Gegen die atomare Aufrüstung Europas

München/Berlin. Mit einem offenen Brief haben sich das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Greenpeace, die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen ICAN, die Ärzte-Organisationen IPPNW Schweiz und Deutschland, medico international sowie die Nuclear Free Future Foundation (NFFF) an Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Bitte gewandt, ihren politischen Einfluss gegen die nukleare Aufrüstung Europas einzusetzen. „Die Corona-Pandemie führt uns wieder einmal die Notwendigkeit einer Neugestaltung globaler Politik vor Augen“, sagt Christian Weis, Geschäftsführer von medico international. „Ob Gesundheit, Klimawandel, Menschenrechte oder atomare Abrüstung: Die Welt steht vor drängenden Herausforderungen, die nur durch neue globale Kooperation angegangen und bewältigt werden können. Die Bundesregierung ist aufgefordert, hier neue Wege zu beschreiten.“

In ihrem offenen Brief appellieren die beteiligten Organisationen an die Bundeskanzlerin, sich dafür einzusetzen, dass die Bundesregierung die Stationierung neuer Atomwaffen untersagt, keine neuen Trägersysteme für Atomwaffen beschafft und den Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen von 2017 unterschreibt und ratifiziert. „Der Vertrag über das Verbot von Atomwaffen ist ein Meilenstein in den weltweiten Abrüstungsbemühungen“, unterstreicht ICAN-Direktorin Beatrice Fihn die Bedeutung des Atomwaffenverbotsvertrags. „Weil das Risiko größer geworden ist, dass Atomwaffen eingesetzt werden, muss die Bundesregierung die nukleare Abrüstung durch die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags weiter vorantreiben.“

„Nachdem bereits im vergangenen Jahr sowohl Russland als auch die USA den 1987 geschlossenen INF-Vertrag gekündigt haben, der den Vertragsparteien alle nuklear bestückbaren Mittelstreckenraketen verbietet, sehen wir mit großer Sorge, dass auch die in Deutschland stationierten Sprengköpfe durch neue, einsatzbereitere ausgetauscht werden sollen“, betont Franz Moll, NFFF-Gründer und Vorstand. „Gleichzeitig will die Bundesregierung neue Kampfflugzeuge als Trägersysteme für diese US-Nuklearwaffen in Auftrag geben“, kritisiert Christoph von Lieven von Greenpeace. „Damit wächst 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs die Gefahr eines Atomkrieges, der dann auch von deutschem Boden aus geführt werden soll.“

Die mit dem Friedensnobelpreis dafür ausgezeichnete Kampagne ICAN hat den Verbotsvertag bei den Vereinten Nationen maßgeblich mitinitiiert. 122 Staaten haben am 7. Juli 2017 für ihn gestimmt, 81 haben ihn inzwischen unterzeichnet, 36 ratifiziert – nicht jedoch Deutschland und auch kein anderer NATO-Staat. Deutschland könnte dem Vertrag beitreten und ihn ratifizieren, müsste dann aber dafür sorgen, dass die in Rheinland-Pfalz auf dem Fliegerhorst Büchel gelagerten US-amerikanischen Atombomben abgezogen werden. Die NATO-Mitgliedschaft Deutschlands wäre davon nicht berührt.

Dr. Alex Rosen, einer der Mitbegründer von ICAN und Co-Vorsitzender der deutschen IPPNW sieht dringenden Handlungsbedarf auf Seiten der Bundesregierung:
„Es kann nicht sein, dass Deutschland immer wieder von atomarer Abrüstung spricht, den wichtigsten völkerrechtlichen Baustein auf dem Weg zu einer Welt ohne Atomwaffen boykottiert und an den Atombomben im eigenen Land festhält. Die Doktrin der atomaren Abschreckung, die auch Deutschland befolgt, ist nichts anderes als die Androhung eines atomaren Massenmords an der Zivilbevölkerung eines vermeintlichen Kriegsgegners. Diese Doktrin war schon im Kalten Krieg unmoralisch und falsch und ist es in der heutigen Welt umso mehr.“

Doch Atomwaffen sind nicht nur eine Gefahr wenn sie eingesetzt werden:
„Bereits der Abbau des Urans, dem notwendigen Rohstoff für nukleare Waffen, zerstört Natur und Umwelt großflächig und stellt eine massive Gefahr für dort arbeitende und lebende Menschen dar“, ergänzt Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND. „Der gefährliche Bergbau und die strahlenden Hinterlassenschaften haben weltweit zu zahlreichen Krebserkrankungen geführt.“

Weitere Informationen:
Den offenen Brief finden Sie zum Download hier

Im Uranatlas, herausgegeben im September 2019 von BUND, Nuclear Free Future Foundation, IPPNW, Rosa Luxemburg Stiftung und Le Monde Diplomatique, finden Sie Hintergründe zu dem Thema hier.

Pressekontakt:
Xanthe Hall, Tel:+49-177-4757194
Angelika Wilmen, Tel: +49-160-94161249