(Foto: Albin Lohr-Jones, CC 2.0 Wikimedia)

Brief an Außenministerin Baerbock

Vom 01.- 26. August findet die 10. Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrags bei den Vereinten Nationen in New York statt. Auf Grund des gestiegenen Risikos der nuklearen Bedrohung fordert ICAN Deutschland die Präsenz der Bundesministerin für Auswärtige Angelegenheiten Annalena Baerbock auf der Konferenz sowie Ihren engagierten Einsatz für nukleare Abrüstung.

Den Brief des Vorstands von ICAN Deutschland ist im folgenden nachzulesen:

Sehr geehrte Frau Ministerin Baerbock,

zu keinem Zeitpunkt nach Ende des Kalten Krieges war das Risiko eines Atomkrieges so hoch wie heute. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat den seit Jahren weltweit fortschreitenden Anstieg vertikaler und horizontaler Proliferation befeuert die Atomwaffenstaaten rüsten auf und modernisieren ihre Arsenale, während andere Länder immer lauter darüber nachdenken, atomare Fähigkeiten aufzubauen.

Umso wichtiger ist daher die Stärkung der internationalen Rüstungskontrolle und des Völkerrechts. Der Nichtverbreitungsvertrag (NVV) ist zentraler Baustein der multilateralen nuklearen Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nonproliferation. Bei der 10. Überprüfungskonferenz des NVV muss die Staatengemeinschaft eine Antwort auf die inakzeptablen Atomwaffendrohungen Russlands finden und atomare Abrüstung stärken.
Dabei werden die Bundesrepublik und ihre Partner eine bedeutende Rolle spielen. Ihre persönliche Teilnahme an der Konferenz wäre ein klares Zeichen, dass Deutschland sich auf höchster Ebene für nukleare Rüstungskontrolle und Abrüstung einsetzt.

Der Koalitionsvertrag setzt das Ziel einer atomwaffenfreien Welt und damit einhergehend ein Deutschland frei von Atomwaffen. Die Überprüfungskonferenz ist eine Gelegenheit, diesem Ziel näher zu kommen. Als Teil der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) teilen wir dieses Anliegen und stehen gerne weiterhin als Ansprechpartnerin zur Verfügung.

Die Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Regierungen ist von zentraler Bedeutung für die Erreichung einer atomwaffenfreien Welt, was sich nicht zuletzt durch die Erfolge der ersten Vertragsstaatenkonferenz des Atomwaffenverbotsvertrages (AVV) dieses Jahr gezeigt hat. Insbesondere fordern wir die Bundesregierung auf, in ihrem Statement auf der Überprüfungskonferenz des NVV und in den politischen Verhandlungen:

sich dafür einzusetzen, dass konkrete, zeitgebundene und verifizierbare Maßnahmen zur vollständigen nuklearen Abrüstung verabschiedet werden und klarzustellen, dass Modernisierung und Vergrößerung bestehender Arsenale den Verpflichtungen des Art. VI des NVV widersprechen;
jegliche Drohungen eines atomaren Einsatzes und speziell die Drohungen Russlands deutlich zu verurteilen;
zu bekräftigen, dass Atomwaffen die internationale Stabilität und
Sicherheit gefährden, humanitäres Leid verursachen und das Eskalationspotential eines Konflikts steigern;

das Inkrafttreten des AVV und die Erfolge der ersten Vertragsstaatenkonferenz des AVV zu begrüßen;
die Vereinbarkeit von NVV und AVV anzuerkennen und klarzustellen, dass sich der AVV in das internationale nukleare Rüstungskontrollregime einfügt und dieses stärkend ergänzt;
anzuerkennen, dass der AVV ein Beitrag für die Erfüllung des Art. VI des NVV ist;

die humanitären Auswirkungen von Atomwaffen, insbesondere die gender und altersspezifischen Folgen, anzuerkennen;

sich dafür einzusetzen, dass die Überprüfungskonferenz des NVV den AVV in Statements und politischen Dokumenten positiv aufgreift;

die durch Atomwaffentests und Einsätze entstandenen Schäden anzuerkennen und zu internationaler Kooperation für Opferhilfe und Umweltsanierung im Zusammenhang mit Art. VI und VII des AVV aufzurufen.

Wir senden Ihnen diese Forderungen zur Überprüfungskonferenz des NVV in der Hoffnung, dass Sie diese für das Wohl aller von Atomwaffen bedrohten und betroffenen Menschen umsetzen.

Mit freundlichen Grüßen,

Vorstand | ICAN Deutschland