Erfolgreiche Ansätze zur nuklearen Abrüstung

Ein Gastbeitrag von Rodrigue Muganwa Lubulu,  CRISPAL AFRIQUE, Kongo

Jeder Mann, jede Frau und jedes Kind lebt unter einem nuklearen Damoklesschwert, das an den dünnsten Fäden hängt und jederzeit durch einen Unfall, eine Fehleinschätzung oder Wahnsinn durchtrennt werden kann. Die Waffen des Krieges müssen abgeschafft werden, bevor sie uns abschaffen.“

Das sagte Präsident Kennedy in seiner Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen im September 1961. Natürlich sind alle Waffen auf der Welt furchterregend und nutzlos, aber man muss  anerkennen, dass Atomwaffen die unmenschlichsten, zerstörerischsten und teuflischsten Waffen sind, die je von Menschenhand hergestellt wurden. Eine einzige Atombombe, die über einer Großstadt gezündet wird, könnte in Sekundenschnelle mehr als eine Million Menschen töten, und niemand kann kontrollieren wie weit sich der radioaktive Fallout ausbreitet oder wie lange er nachwirkt. Die Bedrohungen für einen internationalen Atomkonflikt sind heute ernster und unvorhersehbarer als je zuvor: auf der Welt gibt es fast 13.400 Atomwaffen. Die überwiegende Mehrheit davon befindet sich im Besitz der Vereinigten Staaten und Russlands. Mindestens 2.000 Atomraketen sind in hoher Alarmbereitschaft und können sofort gegeneinander abgeschossen werden. Abgesehen davon, dass die USA und Nordkorea sich weiterhin wie Katz und Maus beobachten, birgt der Konflikt zwischen Indien und Pakistan um die Region Kaschmir eine echte Gefahr eines Atomwaffeneinsatzes. Darüber hinaus darf man China nicht aus den Augen verlieren – einen weiteren sehr wichtigen nuklear bewaffneten Staat, der seine Muskeln im Südchinesischen Meer spielen lässt. Ist eine atomwaffenfreie Welt in naher Zukunft möglich? Um diese entscheidende Frage zu beantworten, sollten die folgenden Ansätze beachtet werden.

Aufklärung und starke Kampagnen

Jedes Individuum, dem das Wohlergehen und die Zukunft unseres Planeten am Herzen liegen, ist dafür verantwortlich, den Prozess der Zerstörung der Menschheit durch Atomwaffen zu stoppen. Niemand kann das allein bewältigen. Deshalb ist es wichtig, sich Organisationen der Zivilgesellschaft anzuschließen, die sich für das Thema engagieren. Einerseits müssen wir das Bewusstsein der Menschen schärfen, indem wir den unmenschlichen und teuflischen Charakter dieser Waffen und die katastrophalen humanitären und ökologischen Folgen hervorheben, die sich aus jedem Einsatz von Atomwaffen ergeben und vor denen sich kein Staat schützen kann.

Andererseits müssen wir auch die Verschwendung von Milliarden von US-Dollar für diese Massenvernichtungswaffen anprangern, während in den Krankenhäusern nicht genügend Betten und Beatmungsgeräte zur Verfügung stehen, um angemessen mit der Covid-19 Pandemie umzugehen. Allein im Jahr 2019 haben die USA, China, das Vereinigte Königreich, Russland, Frankreich, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea 72,9 Milliarden US-Dollar an Steuergeldern für die Zerstörung der Welt und den Tod ausgegeben.[1] Wir müssen uns engagieren und dem bewundernswerten Beispiel der Hibakusha folgen, um für die Menschen einzutreten, die wir lieben und die wir gerne in einer Welt ohne Atomwaffen leben sähen. Dazu müssen wir Druck auf unsere politischen Amtsinhaber ausüben – sie müssen die Ratifizierung des Vertrags zum Verbot von Atomwaffen, um der Menschheit willen, zur Priorität machen.

Es liegt an Menschen wie mir, wie Ihnen, sich gegen diese Waffen und die Führer, die die Welt damit bedrohen, zu stellen.“ sagte Koko Kondo, Überlebender der Bombe von Hiroshima.

Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrags

Um zu verhindern, dass der Verbotsvertrag, insbesondere mit Blick auf die Implementierung, nicht in die gleiche Falle wie andere Abrüstungs- oder Rüstungskontrollverträge tritt, müssen auch die Atomwaffenstaaten unbedingt beitreten. Anderenfalls würde sich der Verbotsvertrages, trotz seines verbindlichen Charakters und all der mit ihm verbundenen Hoffnung auf eine atomwaffenfreie Welt, das Schicksal mit dem NVV teilen.

Verbot des Abbaus des todbringenden Erzes

Es braucht keinen Krieg, damit Atomwaffen Menschen schaden. Die wahre Geschichte von Atomwaffen liegt in der Umweltverschmutzung und der Ausbeutung von machtlosen Gemeinschaften.“ Schrieb Ward Wilson in seinem Artikel „The Human Cost“.

Der Uranabbau ist eines der wichtigsten Schritte im Prozess der Herstellung von Atomwaffen. Uranbergwerke sind nicht nur für die Arbeiter*innen, die die radioaktive Substanz ausgraben, und die Anwohner*innen, sondern auch für die Umwelt sehr schädlich. Von 1908 bis 1960 wurde die Demokratische Republik Kongo (DRK) von den Belgiern kolonisiert. 1915 wurde das reichste Uranvorkommen der Welt in „Shinkolobwe“ entdeckt, einem kleinen Dorf im Südosten des Landes. Das Material in der Miene beinhaltete durchschnittlich 65% Uranoxid, im Gegensatz zu dem amerikanischen oder kanadischen Erz, das mindestens 1 bis 3% Uranoxid enthielt. Zwischen 1921 und 1959 wurde die gesamte Produktion der Shinkolobwe-Mine in die Vereinigten Staaten exportiert, um das makabre Unterfangen namens „Manhattan-Projekt“ zu unterstützen. Es muss betont werden, dass über 70% des Urans, das die Hiroshima-Bombe antrieb, aus der Shinkolobwe-Mine stammte. Während solche und ähnliche Entdeckungen die Belgier erfreute, war dies für die wehrlosen örtlichen Gemeinden ein Fluch. Sie wurden gezwungen, ihr Land, ihre Häuser und Felder zugunsten des Uranabbaus aufzugeben. Die Männer wurden gezwungen, diese radioaktiven Materialien, ohne angemessene persönliche Schutzausrüstung abzubauen. Viele starben an Krankheiten aufgrund der Uranbelastung. Einer meiner Kollegen berichtete mir, dass einer der ehemaligen Arbeiter der Shinkolobwe-Mine einen Teil seines Gehirns aus seiner Nase ragen sah, als er noch lebte. Einige Fälle von Missbildungen, Geburtsfehlern und schweren Krankheiten aufgrund der Uranbelastung treten auch heute noch in dieser armen Gemeinde rund um das Bergwerk auf. Das Bergwerk wurde im Januar 2004 durch einen Präsidialerlass offiziell geschlossen. Nach der Schließung wurden jedoch mehrere Fälle illegaler Ausbeutung gemeldet und sogar einige radioaktive Erze mehrmals von tansanischen Zollbeamten beschlagnahmt. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Drohungen mit einer Wiedereröffnung immer noch schwer wiegen, da das Bergwerk bei der französischen Gruppe Areva SA und den Chinesen sehr begehrt ist.

Liebe und Verständnis

Die Verbreitung von Kernwaffen in der heutigen Welt wird nur durch Egoismus und Angst gerechtfertigt, aber es gibt keine Schwierigkeit, die nicht durch genug Liebe überkommen werden kann. Keine Tür, die genug Liebe nicht öffnen kann. Keine Mauer, die genug Liebe nicht niederreißen kann. Wenn wir einander lieben können, werden Atomwaffen oder andere Waffen keinen Platz in unserer schönen Welt haben. Das Ende von Kriegen, Rassismus, rassistischer Ideologie, Ungerechtigkeit und Egoismus ist LIEBE. Lasst uns einander lieben und die Atomwaffen für eine bessere Zukunft abschaffen.

Die Menschheit verdient Leben, Liebe, Güte und nicht Zerstörung. Wie alle anderen Waffen auf dieser Welt sind Atomwaffen unmenschlich und müssen beseitigt werden.

Rodrigue Muganwa Lubulu engagiert sich gegen Atomwaffen und ist Leiter von CRISPAL Afrique, einer Organisation aus der Demokratischen Republik Kongo, die sich für Rüstungskontrolle einsetzt.

[1] ICAN: Enough is enough: 2019 Global nuclear weapon spending. https://www.icanw.org/global_nuclear_weapons_spending_2020

The Guardian: World nuclear arms spending hit $73bn last year – half of it by US: https://www.theguardian.com/world/2020/may/13/nuclear-weapons-world-record-spending