Vom 28. bis 30. Juni findet der NATO-Gipfel in Madrid statt, auf dem heute auch das lange erwartete strategische Konzept für die nächsten Jahre verabschiedet wurde. Die NATO bekennt sich darin weiterhin zur nukleare Abschreckung und droht im Falle eines Angriffs dem Gegner “inakzeptable Kosten” aufzuerlegen.
Die Sprache des neuen Strategiedokuments zur nuklearen Abschreckung ist etwas deutlicher als noch 2010 und verweist auf die bestehenden nuklearen Fähigkeiten, die einem Gegner “Kosten auferlegen können, die jeden Nutzen überschreiten”. ICAN fordert eine Ende der nuklearen Rhetorik, welche die menschliche Sicherheit zu einem Kosten-Nutzen-Spiel macht. Diese wirkt in dieser angespannten Situation nur eskalierend. Gerade letzte Woche haben die Vertragsstaaten des UN-Atomwaffenverbotsvertrags jegliche Drohung mit Atomwaffen verurteilt.
„Während NATO-Mitglieder und die G7-Staaten Russland wegen seiner nuklearen Drohungen scharf kritisieren, droht die NATO zurück. Das ist die Logik der nuklearen Abschreckung, die uns in Geiselhaft nimmt und die Menschen in Europa immer weiter verunsichert und verängstigt.” so Xanthe Hall, Vorstandsmitglied von ICAN Deutschland.
Die NATO versteht sich weiterhin als nukleare Allianz. Dies wurde aber erst auf dem NATO-Gipfel 2010 festgeschrieben und ist ein politisches – und damit anpassbares Konzept. Schon 2020 forderten 56 ehemalige NATO-Minister in einem offenen Brief eine Kehrtwende. Auch wenn das Bündnis gerade angesichts des Krieges in der Ukraine geeint erscheinen will, gibt es sehr unterschiedliche Ansätze bzgl. der Rolle von Atomwaffen: Zum Beispiel beteiligt sich Frankreich nicht an der nuklearen Planungsgruppe, u.a. Dänemark hat die Stationierung von Atomwaffen ausgeschlossen, Griechenland hat die nukleare Teilhabe beendet und das potentielle Mitgliedsland Schweden 2017 noch für die Verabschiedung des AVV gestimmt. Vier NATO-Staaten nahmen letzte Woche an der ersten Staatenkonferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag in Wien teil.
Das letzte strategische Konzept der NATO wurde 2010 in Lissabon verabschiedet. Der ehemalige deutsche Verteidigungsminister Thomas DeMaiziere hat den Co-Vorsitz der Reflexionsgruppe zur Stärkung der politischen Dimension der NATO für das aktuelle Strategiepapier.