Uranabbau – Bericht zur Diskussion vom 5. März

Dimity Hawkins, Myrriah Gómez, Yaroslav Koshelev und Muneeb Sanaullah Khan teilten ihr Wissen und ihre Erfahrungen in der Online-Diskussion zum Thema Uranabbau. Die Diskussionen umfassten ganz unterschiedliche Aspekte und konzentrierten sich auf die Regionen Australien, USA, Deutschland und Pakistan.

Dimity Hawkins (Nuclear Truth Project, ICAN Australia)

Dimity berichtet, dass der Uranabbau dauerhafte Umwelt- und Gesundheitsrisiken birgt, die sich insbesondere auf indigene Gemeinschaften auswirken, da sie zur Umsiedlung gezwungen sind und die kulturellen Bindungen zu ihrem Land unterbrochen werden. Trotz des Widerstands in der Vergangenheit gibt es einen erneuten Vorstoß zur Ausweitung des Bergbaus in Australien, wo sich ein erheblicher Teil der weltweit abbaubaren Uranreserven befindet, mit derzeit nur zwei aktiven Minen. Der Widerstand der Ureinwohner*innen, symbolisiert durch das Zitat von Yvonne Margarula „die Versprechungen sind nie von Dauer, aber die Probleme immer“, unterstreicht den anhaltenden Kampf gegen die Ausweitung des Uranabbaus. Bemerkenswerte Vorfälle wie die in der Ranger-Mine, die durch schwere Unfälle und Leckagen gekennzeichnet waren, haben dazu geführt, dass die Mine seit 2021 geschlossen ist und kostspielige Sanierungspläne im Gange sind. Die Australian Nuclear Free Alliance, ein seit 27 Jahren aktiver Zusammenschluss indigener Gruppen und zivilgesellschaftlicher Organisationen, setzt sich weiterhin gegen den Uranabbau ein. Die Bergbautätigkeiten in Australien, die bis ins Jahr 1903 zurückreichen und in den 1950er Jahren einen bemerkenswerten Aufschwung erlebten, haben sowohl die Umwelt als auch die lokalen Gemeinschaften nachhaltig geprägt, was die Dringlichkeit nachhaltiger und kulturell sensibler Bergbaupraktiken noch verstärkt.

Myrriah Gómez (University of New Mexico)

Myrriah beleuchtete in ihrem Vortrag die tiefgreifenden Auswirkungen des nuklearindustriellen Komplexes auf lokale und indigene Gemeinschaften, wobei sie insbesondere auf die Erfahrungen von BIPOC-Personen einging. Ihre persönliche Verbindung zu diesem Thema, die in der Vertreibung ihrer Familie für das Manhattan-Projekt wurzelt, unterstreicht die historischen Ungerechtigkeiten, denen die betroffenen Gemeinschaften ausgesetzt sind. Die Entscheidung, das Projekt in einem Gebiet anzusiedeln, das von einer spanischsprachigen Gemeinschaft bewohnt wird, die aufgrund von Sprachbarrieren oft diskriminiert wird, ist ein Beispiel für systemische Ausbeutung. Tragischerweise waren die Arbeiter*innen erheblichen Gesundheitsrisiken durch ionisierende Strahlung ausgesetzt, was zu erhöhten Krebsraten führte, wobei unzureichende Entschädigungen das Leiden noch verschlimmerten. Bemühungen wie der Radiation Exposure Compensation Act (RECA) zielten darauf ab, diese Ungerechtigkeiten zu beseitigen, stießen jedoch auf Grenzen und endeten, so dass weiterhin kontinuierliche Lobbyarbeit erforderlich ist. Die Bewahrung mündlicher Überlieferungen in Gemeinden ohne schriftliche Aufzeichnungen ist besonders wichtig, vor allem angesichts aktueller Bedrohungen wie Plänen für eine verstärkte Plutoniumproduktion, die sich weiter auf indigenes Land auswirken würde. Trotz der Unzulänglichkeiten bei der Darstellung in den Medien, wie z. B. der Tatsache, dass der Oppenheimer-Film die lokalen Perspektiven nicht korrekt wiedergibt, hat er wichtige Gespräche und Aktivismus ausgelöst und zu einer größeren Sensibilisierung und Interessenvertretung beigetragen. Die Debatte dreht sich außerdem um die Frage, ob die Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt angemessen behandelt und die betroffenen Gemeinden angemessen entschädigt wurden. Die Frage nach Gerechtigkeit und Verantwortung ist dabei von zentraler Bedeutung, da die Auswirkungen des Uranbergbaus noch heute zu spüren sind und viele Familien und Gemeinden in New Mexico und darüber hinaus betreffen. 

Myrriah empfiehlt, sich den Dokumentarfilm „The River That Harms“ anzusehen. 

Yaroslav Koshelev (Technische Universität Berlin)

Yaroslav’s Beteiligung an dem Interviewprojekt “Wismut-Erbe-Forschung” beleuchtet die komplexe Geschichte und die anhaltenden Folgen des Uranabbaus, insbesondere im Kontext der ehemaligen Sowjetunion und der DDR. Die als gemeinsame Einrichtung der UdSSR und der DDR als Reaktion auf die Atombombenabwürfe gegründete Anlage beschäftigte eine halbe Million Arbeiter*innen und produzierte genug Uran, um potenziell Tausende von Atomwaffen herzustellen. In einem Zeitraum von 44 Jahren, von 1946 bis zur Wiedervereinigung, wurden mehr als 231.000 Tonnen Uran produziert. Trotz der staatsähnlichen Strukturen und des privilegierten Status der Arbeiter*innen innerhalb des DDR-Systems waren die gesundheitlichen Folgen beträchtlich, sodass Tausende immer wieder um Entschädigungen für ihre Krankheiten kämpfen mussten. Im heutigen Deutschland gibt es nach wie vor positive Erzählungen über die SDAG Wismut, die mit der Bergbauidentität und dem Wohlstand der Region verwoben sind. Trotz der Gefahren, die damals weitgehend unerkannt blieben, ist die positive Wahrnehmung der Wismut nach wie vor stark und überschattet oft die Diskussionen über ihre Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen. Die Bergbautradition und die wirtschaftlichen Vorteile, die mit der Wismut verbunden sind, tragen zu ihrer anhaltend positiven Darstellung bei, wobei Kritik innerhalb der Gemeinschaft auch verachtet wird. Zwar wurden Anstrengungen zur Umweltsanierung unternommen, doch bleiben Fragen über das Ausmaß des für Atomwaffen verwendeten Urans und den Anreicherungsprozess offen, was die Komplexität der Hinterlassenschaft des Betriebs und die anhaltenden Auswirkungen auf die betroffenen Gemeinschaften unterstreicht. Die Zusammenarbeit mit anderen betroffenen Gemeinschaften sowie die Notwendigkeit eines breiteren Verständnisses und einer breiteren Unterstützung angesichts der anhaltenden Auswirkungen des Uranbergbaus werden als entscheidend erachtet. Ein zentrales Anliegen der Diskussion ist die Tatsache, dass das Projekt in Politik und Wirtschaft oft im Verborgenen bleibt, was die mangelnde Aufmerksamkeit für den Uranabbau in der Wismut und anderen Regionen der Welt offenbart. Dabei geht es um die Frage, wie die Gemeinden unterstützt werden können, die immer noch unter den Folgen und Schäden des Uranabbaus weltweit leiden.

Muneeb Sanaullah Khan (University of Engeneering and Technology)

Muneeb gab einen umfassenden Überblick über Urangewinnungsmethoden und erläuterte Techniken zum Abbau von Uran in verschiedenen Tiefen. Er verglich chemische Verfahren für geringe Tiefen mit unterirdischen Abbaumethoden für tiefere Ausgrabungen und zog Parallelen zu den Praktiken des Kupferbergbaus. Auch die Bildung von Uran bei der Magmabildung wurde beleuchtet. Der Schwerpunkt lag auf der Ermittlung der sichersten Gewinnungsmethode für Uran. In der Fragerunde ging Muneeb auf Fragen zum pakistanischen Atomwaffenarsenal ein und gab zu bedenken, dass das im Inland gewonnene Uran wahrscheinlich die Grundlage für Pakistans nukleare Fähigkeiten bildet. Außerdem stellte er fest, dass es keine Informationen über Proteste gegen den Uranabbau in Pakistan gibt, was auf ein begrenztes Bewusstsein für dieses Thema hindeutet.

Fazit

Dimity betonte, wie wichtig es sei, die laufenden Entwicklungen zu überwachen und sicherzustellen, dass bei allen Maßnahmen die Zustimmung der indigenen Gemeinschaften respektiert werde und „einfach die Dinge im Auge behalten“ werden. Sie schlug vor, wann immer möglich Spenden zu sammeln, da ständig finanzielle Mittel benötigt werden, insbesondere angesichts des Drucks von AUKUS in Australien, dessen Widerstand Unterstützung erfordert. Es wird betont, dass die Bewältigung von Problemen durch den Uranabbau eine erhebliche Belastung darstellt, und dass den Menschen die hohen Kosten der Sanierungsbemühungen klargemacht werden müssen. Schließlich wird betont, wie wichtig es ist, als internationale Freunde*innen Unterstützung anzubieten. Myrriah wies auf die Besorgnis über die zunehmende Produktion von Plutoniumgruben und das Potenzial für neue Uranabbauanwendungen hin, insbesondere auf indigenem Land. Sie betonte, dass man auf neue Entwicklungen achten und Gespräche führen müsse. Darüber hinaus betonte sie, wie wichtig es ist, Zeug*innenaussagen und mündlichen Erzählungen zuzuhören, auf die Gemeinschaften zuzugehen und die internationale Zusammenarbeit zu fördern. Myrriah hob die Notwendigkeit hervor, informiert zu bleiben und sich gegenseitig bei der Bewältigung dieser komplexen Themen zu unterstützen. Yaroslav hob die überwiegend positiven Erzählungen von der Wismut hervor und betonte, wie wichtig es sei, kritische Perspektiven besser zu verbreiten, um diejenigen zu stärken, die sich ausgegrenzt oder übersehen fühlen. Es sollte gefördert werden, dass mutige Einzelpersonen hervortreten und dass eine größere Vielfalt von Perspektiven anerkannt wird, insbesondere in Regionen, die mit der Wismut in Verbindung stehen. Da die Zahl der Zeitzeug*innen mit der Zeit abnimmt, wird das Anhören von ihren Berichten betont. Darüber hinaus sollten staatliche Institutionen finanzielle Unterstützung bereitstellen, um diese Probleme wirksam anzugehen.

Geschrieben von Mara Marx, Juliane Hauschulz, Aicha Kheinette, Marian Losse und Janina Rüther